Sozial 22. Oktober 2024 Fraktion

Politisches Versäumnis mit hohen Kosten für Familien

Die Freie Liste hat sich mit Vorstössen in den Jahren 2006, 2012 und 2020 für eine angemessen bezahlte Elternzeit eingesetzt. Lange blieb die Forderung chancenlos, erst eine verpflichtende EU-Richtlinie hat die bürgerlichen Parteien dazu bewegt, sich ausführlicher mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auseinanderzusetzen. Und jetzt wird aus spät noch später: Die Einführung der bezahlten Elternzeit wird abermals um ein Jahr verschleppt. Statt, wie angekündigt zu Beginn des nächsten Jahres, soll das Gesetz  nun doch erst am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Begründet wird die Verzögerung mit der Überführung des Mutterschafts- und Vaterschaftsgeldes in die Familienausgleichskasse (FAK) und den damit verbundenen umfangreichen Systemanpassungen. Die Begründung wäre einigermassen nachvollziehbar, hätte die Regierung anlässlich der 1. Lesung im März 2024 erstmals von dieser Forderung gehört. Hat sie aber nicht. Bereits während dem Vernehmlassungsprozess wurde von der Freien Liste und diversen weiteren Aktuer:innen angeregt, dass alle Familienleistungen im Sinne der Chancengerechtigkeit und Gleichstellung solidarisch finanziert werden sollen. Die Regierung selbst schreibt in der aktuellen Stellungnahme, dass sie damit einer «langjährigen Forderung» der Wirtschaftskammer und des Liechtensteiner Krankenkassenverbands nachkommt. Für die Umsetzung des Anliegens wurde eine Arbeitsgruppe reaktiviert, die bereits 2016 eingerichtet wurde.

Die Verzögerung wäre also durchaus vermeidbar gewesen. Dafür hätte die Regierung allerdings frühzeitig an der bestmöglichen Lösung arbeiten müssen, statt an der einfachsten. In einer Zeit, in der Kitas aufgrund fehlender Ressourcen ihre Betriebszeiten kürzen müssen, wiegt dieses Versäumnis noch schwerer als ohnehin schon. Mit dem aktuellen Vorschlag entzieht sich die Regierung jeglicher Verantwortung: Der politisch verschuldete Zeitverlust und die Mehrkosten werden mit dem geplanten Vorgehen vollumfänglich auf Familien und Arbeitnehmer:innen abgewälzt. Gelungene Gesellschaftspolitik sieht anders aus, Chancengerechtigkeit und Gleichstellung müssen endlich prioritär behandelt werden. Die Freie Liste wird sich entsprechend dafür einsetzen, dass die bezahlte Elternzeit von der Umstellung der Finanzierung der übrigen Familienleistungen losgelöst behandelt und wie geplant ab dem 1. Januar 2025 eingeführt wird. Darüber hinaus sprechen wir uns für eine paritätische Aufteilung der Mehrkosten auf Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber aus. Schliesslich ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Interesse aller — Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sollen ihren Beitrag dazu leisten. Die genannten Punkte möchten wir, neben weiteren dringlichen Forderungen, anlässlich der 2. Lesung im November-Landtag aufgreifen.